Kreuzungen im Edelhofer Roggen

Klimafitte Getreidezüchtung

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Im Jahr 1903 wurde an der Landwirtschaftlichen Fachschule Edelhof bei Zwettl im Waldviertel die „Saatzucht Edelhof“ gegründet. Heute ist sie ein international anerkannter Züchter, der zur Erhaltung der genetischen Sortenvielfalt beiträgt und neue, leistungsfähige sowie regional angepasste Sorten für verschiedene Getreidearten entwickelt. Als einziger österreichischer Züchter für Sommergerste, Sommer- und Winterhafer sowie Winter-Populationsroggen werden Kreuzungen und Selektionen dieser Getreidearten durchgeführt. Zudem werden die Hauptgetreidearten Winterweizen und Wintergerste in noch intensiverem Maß züchterisch bearbeitet. Hier wird intensiv an der Züchtung von Getreidesorten gearbeitet, die eine klimafitte Landwirtschaft unterstützen sollen. Diese Züchtungen basieren überwiegend auf der verbesserten Genetik neuer Sorten, die gesündere Pflanzen und besondere Sorteneigenschaften ermöglichen. Angesichts der Klimaerwärmung ist besonders eine hohe Toleranz gegenüber Hitze und Trockenheit von großer Bedeutung. Dennoch zeigt der ungewöhnlich feuchte Witterungsverlauf in diesem Jahr v.a. im Osten Österreichs, dass auch weiterhin eine Selektion auf Sorten mit Toleranz gegen Fusarium und Auswuchs des Kornes wichtig ist.

 

Die Züchtung einer neuen Sorte von der Kreuzung bis zur Zulassung dauert bis zu zehn Jahre. Dieser Prozess ist sehr personalintensiv und erfordert viel händische Arbeit und ein geschultes Auge. Zudem sind die Investitionskosten für die benötigten Spezialmaschinen hoch. Unser Züchtungsteam überlegt also bis zu 10 Jahre in die Zukunft, welche Sorteneigenschaften die Landwirtschaft, die verarbeitende Industrie und die KonsumentInnen wünschen werden.

In der Landwirtschaft spürt man die veränderten Witterungsbedingungen im Ackerbau genauso wie wir im Zuchtgarten. Diese Veränderungen reichen von langen Hitze- und Trockenheitsphasen bis hin zu vermehrten Starkregenereignissen. Daher wird der Selektion virustoleranter Sorten zunehmend mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Dies ist auf die veränderten Temperaturverläufe während der Vegetationszeit und die geringere Durchfrierung der Böden zurückzuführen, wodurch virusübertragende Insekten und andere Schädlinge weniger dezimiert werden. Die Situation wird durch die auf EU-Ebene stattfindende Reduktion der verfügbaren Pflanzenschutzmittel, insbesondere Insektizide, weiter verschärft, da Virosen hauptsächlich von Blattläusen übertragen werden.

 

Wir selektieren vorwiegend frohwüchsige und langstrohige Sorten mit dem Ziel, eine schnelle und vollständige Bodenbedeckung zu erreichen. Diese Beschattung kühlt die Bodenoberfläche und verlangsamt die Verdunstung von Wasser. Zudem schützt die Bodenbedeckung vor Erosion und unterdrückt Unkräuter auf natürliche Weise. An der Saatzucht Edelhof verbinden wir damit die Züchtungsziele für eine biologisch aktive, klimafitte und bodenschonende Landwirtschaft. Dank der größeren Blatt- und Halmmasse kann die Pflanze mehr Stickstoff von den Blättern in die Körner verlagern. Der große Abstand zwischen dem höchsten Blatt und der Ähre bei langstrohigen Sorten erschwert es Pilzen, nach oben zu wandern. Allerdings können bei langstrohigen Sorten Niederschläge zur falschen Zeit Probleme mit der Standfestigkeit verursachen.

 

Das Interesse der Landwirtschaft verschiebt sich zunehmend auf im Herbst angebaute Pflanzenarten. Durch den Anbau von Wintergetreidearten kann die Landwirtschaft die Winterfeuchtigkeit besser nutzen und den negativen Auswirkungen der immer häufiger auftretenden Frühjahrs- oder Frühsommertrockenheit entgegenwirken. Generell ist die Vegetationszeit von Winterkulturen länger als die von Sommerkulturen, wodurch die im Herbst gesäten Pflanzen mehr Zeit für Photosynthese, Biomasseproduktion sowie Kornbildung und -füllung haben. Die in den letzten Jahren vermehrt warmen und schneearmen Winter stellen geringere Anforderungen an die Winterhärte der Pflanzen. Deshalb sind heute Kulturen mit begrenzter Winterhärte, wie z.B. Winterhafer, besonders interessant.

 

Die Züchtung einer neuen Sorte beginnt mit der Festlegung der Züchtungsziele. Neben Kornertrag und Ertragsstabilität zählen dazu insbesondere Krankheitstoleranzen und -resistenzen, die Eignung für den biologischen Anbau sowie "klimafitte" Eigenschaften, also Hitze- und Trockenheitstoleranz. Der erste konkrete Schritt in der Entwicklung einer neuen Sorte ist die Kreuzung. Hierbei werden zwei Sorten aufgrund ihrer Eigenschaften wie z. B. Bodenbedeckung, Gesundheit, Ertrag und Qualität als Mutter- und Vatersorte ausgewählt. Diese traditionelle Methode wird als Kreuzungs- oder Kombinationszüchtung bezeichnet. Über mehrere Jahre hinweg werden die so entstandenen Sortenkandidaten in zahlreichen Feldversuchen unter verschiedensten Witterungsverläufen auf ihre Leistungsfähigkeit geprüft. Nach erfolgreicher Prüfung des landeskulturellen Wertes und Eintragung in die Österreichische Sortenliste werden die neuen Sorten der Landwirtschaft in Form von bestem Original-Saatgut zur Verfügung gestellt.

 

Die Züchtungsarbeit wird durch Projekte ergänzt, die gemeinsam mit wissenschaftlichen Partnern durchgeführt werden. Der Klimawandel wird als ernsthafte Bedrohung der Ernährungssicherung in Österreich gesehen. Die meisten Klimamodelle sagen eine Verschiebung der Niederschlagsverteilung voraus, mit weniger Niederschlag in den Sommermonaten gepaart mit einer höheren Zahl von Hitzetagen. Gemeinsam mit anderen österreichischen Pflanzenzüchtern entwickeln wir im bundesweiten Projekt „Klimafit - Kooperationsprojekt für die Entwicklung von neuen Sorten mit verbesserter Öko-Stabilität zur Anpassung an den Klimawandel“ neues genetisches Material, das eine Selektion von hitze- und trockenstresstoleranten und ökostabilen Sorten ermöglicht. Dadurch werden hinkünftig sowohl die Erträge, als auch die Qualitäten im Pflanzenbau, auch bei schwierigen Klimabedingungen, gesichert werden. Durch Resistenzzüchtung sollen diese Sorten ebenso das Ausbreitungsrisiko verringern, das durch mit der Klimaänderung einhergehenden Krankheiten bzw. Schadorganismen erwartet wird.

 

Züchter gehen nicht nur mit der Zeit – sie sind der Zeit voraus: auch in Zukunft freuen wir uns, an die Anforderungen aus Landwirtschaft und Verarbeitern top-angepasste, dh. klimafitte Getreidesorten über die Lagerhausorganisation anbieten zu können.

Bild: Ein breit gespanntes Versuchsnetz bildet die Basis für die Selektion von hitze- und trockenstresstoleranten neuen Sorten. In 2023 wurden an 141 Standorten in Österreich Parzellenversuche mit verschiedenen Kulturarten angelegt.

KLIMAFIT Austria

Weizen-Visualisierung

WheatVIZ - „Weizen-Visualisierung“ ist ein gemeinsames Vorhaben mit dem AIT (Austrian Institute of Technology), Österreichs größter außeruniversitärer Forschungseinrichtung. Auch in der Landwirtschaft spielt Künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle. In diesem Projekt kombinieren wir Ergebnisse aus Drohnenbildern von Weizen-Feldversuchen mit unterschiedlicher Wasserversorgung mit unseren herkömmlichen züchterischen Feldbeobachtungen und genomischen Analysen zur Trockenheits- und Hitzetoleranz. Die richtige Software kann auf Basis einer Drohnenaufnahme Anzeichen für Trockenstress und dadurch verursachte „heißere“ Pflanzen früher erkennen als das menschliche Auge. In Zukunft planen wir, die im Projekt verwendeten Technologien verstärkt für Selektionsentscheidungen in der Winterweizenzüchtung an der Saatzucht Edelhof einzusetzen.

Bild: Sensoraufnahmen vom WheatVIZ-Feldversuch im Juni, dargestellt als 1) Echtfarbenbild, 2) Falschfarbenbild und 3) NDVI-Bild.

Sensoraufnahmen vom WheatVIZ Feldversuch

MaltBarOmics

Das Projekt „MaltBarOmics“, gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur in Tulln, steht für das Züchtungsziel, überlegenes Ertragspotenzial und Malzqualität durch Omics-basierte Zuchtstrategien in unserer zweizeiligen Wintergerste zu kombinieren. Im Rahmen dieses Ziels ist die Entwicklung von Gerstengelbverzwergungsvirus (BYDV)-resistenten Sorten eine zentrale Strategie. Die BYDV-Resistenz wird sowohl den Kornertrag als auch die Qualität der Gerste erheblich verbessern.

Bild: Gelbverzwergungsinfektion im Feld; resistente und anfällige Sorten nebeneinander in der frühen Saison – perfekt für die Selektion des Züchtungszieles

Gelbverzwergungsinfektion

RyeSus

„RyeSus“ steht für die Entwicklung von standfesten und klimaangepassten Roggensorten. Dieses Projekt wurde gemeinsam mit internationalen Roggenzüchtern und Wissenschaftlern bearbeitet und befasste sich mit der Einbringung eines Kurzstrohgens in die Edelhofer Roggengenetik. Das Ziel sind um etwa 20 cm kürzere – in unserem Fall – Populationsroggensorten mit besserer Bestockungsfähigkeit und Standfestigkeit, hohem Ertrag und guter Qualität. Das Kurzstrohgen wurde eingekreuzt, auch hier dauert die Entwicklung von neuen Sorten bis zu 10 Jahren.

DI Elisabeth Zechner, Saatzucht Edelhof